3. Vorarlberger Tag der Menschenrechte am 10.12.2016

Menschenrechte sind nicht nur hehre, ferne Ziele für einen künftigen Weltfrieden. Sondern Menschenrechte sind Rechte, die allen Menschen zustehen, deren Bestehen weltweit fast alle Staaten anerkannt und zu deren Umsetzung sie sich bekannt haben. Menschenrechte sind auch nicht nur etwas, dessen Fehlen in unterentwickelten oder diktatorisch regierten Staaten man beklagen kann, sondern sie sind ein ganz aktuell österreichisches Thema: Auch hierzulande wird gegen Menschenrechte verstoßen. Das machte Georg Schärmer, Caritasdirektor für Tirol, in einem Vortrag beim 3. Vorarlberger Tag der Menschenrechte deutlich.

Die Vorarlberger Plattform für Menschenrechte hatte zu der Veranstaltung am Internationalen Tag der Menschenrechte in das historische Pförtnerhaus in Feldkirch eingeladen. „Die Vielfalt menschlicher Würde“ war das Schwerpunktthema. Weit über 200 Besucher nutzten den Tag für Begegnungen und gegenseitiges Kennenlernen, informierten sich und diskutierten über die vielfältigen Aspekte rund um Menschenrechte und Menschenwürde. Zur Vorarlberger Plattform für Menschenrechte gehören über 40 Organisationen – und unter anderen arbeiten dort auch drei Gruppierungen mit, die auf unterschiedliche Weise mit dem Werk der Frohbotschaft verbunden sind: FairAsyl, der Freundeskreis des Werks der Frohbotschaft und die Kathi-Lampert-Schule aus Götzis.

Beim Fototermin zu Beginn der Veranstaltung waren denn auch ziemlich einige von uns anwesend .
Die seit drei Jahren bestehende Initiative „Vorarlberger Plattform für Menschenrechte“ wächst beeindruckend schnell, davon berichteten stellvertretend für die Mitgliedsorganisationen Katharina Lenz und Peter Mennel bei der Begrüßung der Teilnehmer. Peter Mennel träumte in seiner Ansprache von den zukünftigen Möglichkeiten und Chancen dieser Plattform, machte sich aber auch Gedanken über die Herausforderungen, die mit immer mehr teilnehmenden Gruppierungen verbunden sind.
Im Vortrag von Georg Schärmer ging es dann um den Zusammenhang von Würde und Menschenrechten, darum, wie sehr die Würde des Menschen Basis aller Menschenrechte ist. Er beklagte eine Erosion von Menschenrechten in Österreich und ein Versagen der Politik. Die Politik habe anscheinend ihre edelste Aufgabe vergessen: für Gerechtigkeit und Recht zu sorgen. Georg Schärmer meinte: „Wenn heute Politik ihr Tun und Wirken mit dem Kolosseum verwechselt, mit einem Arena-Wettkampf, mit dem Niederschlachten des Gegners, wenn es dort wenig Kontemplation und viel mehr Kampf gibt, dann sei daran erinnert, dass es die edelste Form der Politik ist, Brücken zu bauen, Verbindungen herzustellen, die in Verbindlichkeiten münden. Ein anderes Wort für Verbindlichkeiten heißt Gesetze.“

Stattdessen gebe es, zum Beispiel im Asyl- und Rentenwesen, ständige Veränderungen, die es selbst Fachleuten schwer mache, auf dem aktuellen Stand zu bleiben. Das sei das Gegenteil von Gesetzestreue. Diese mangelnde Gesetzestreue gelte auch für „das traurige Schauspiel rund um die Mindestsicherung“. Wenn Rechte und Verbindlichkeiten auf der Basis von Stimmungslagen und eines populistischen Wettrennens entstehen und nicht auf der Basis allgemein gültiger Normen, dann müsse die Politik mit den Forderungen der Menschenrechte konfrontiert werden.

Da tun sich viele Handlungsfelder auf. Zum Beispiel das Recht auf Bildung: Österreich sei eines der letzten Länder in Europa, das „eine Apartheitspolitik rund um Kinder“ betreibt. Es gebe keine Chancengleichheit für Kinder aus ärmeren Familien, solange kein gemeinsamer Schulunterricht bis zum 14. Lebensjahr existiert. Ein weiteres Beispiel: Das Recht auf Leben, etwa von behinderten Kindern, die „bis knapp vor der Geburt in Österreich umgebracht werden dürfen. Was sich bei uns abspielt, ist ein stilles Euthanasieprogramm. Das ist ein Skandal!“ Und noch ein Beispiel: Das Recht auf Unschuldsvermutung. „Eine öffentliche Hinrichtung erfolgt immer wieder, ohne dass es sanktioniert wird. Im Gegenteil wird die Unschuldsvermutung sogar als lächerlich hingestellt. Der mittelalterliche Pranger wird aufgestellt, praktiziert und toleriert, ohne dass es Konsequenzen hat.“
Schärmer ging auch auf die Begriffe Würde und Werte, Rechte und Pflichten ein. In diesem Zusammenhang kam er auf die Vermittlung von Werten für Flüchtlinge zu sprechen. Werte, so erläuterte er, werden sehr früh geprägt und tradiert, schon in den ersten Lebensjahren. Sie entstehen individuell, bilden den Sockel jeglicher Persönlichkeit. Deshalb „sei es mir erlaubt, dass ich die so genannten Wertekurse für Asylberechtigte schlichtweg für einen Schmarren halte. Das ist Gehirn-Kolonialismus. Wenn Wertekurse, dann bitte gemeinsame. In denen die so genannte aufnehmende Gesellschaft gemeinsam mit jenen, die zugezogen sind, sich finden und über Werte austauschen.“ Das ermöglicht Weiterentwicklung aller.

Die Veranstaltung war so gut wie möglich barrierefrei organisiert, dazu trugen Gebärdendolmetscherinnen von „Handlaut“ bei, Robert Pakleppa, der Schärmers Vortrag als „Graphic Recording“ auf der Bühne visualisierte oder Marlies Vith, die Peter Mennels Ansprache schon im Vorfeld in „Leichte Sprache“ übersetzt hatte.

In Arbeitsgruppen – sogenannten Open Spaces – diskutierten die Teilnehmer des Menschenrechtstages einzelne Themen, die von den Mitgliedsorganisationen vorgeschlagen worden waren. „Darf ich eine würdevolle Behandlung als Mensch mit Beeinträchtigung selbstverständlich erwarten? Oder muss ich dafür dankbar sein?“ hieß eines dieser Themen, andere befassten sich mit der Akzeptanz und dem Recht auf Arbeit von Asylwerbern und Flüchtlingen, oder mit Kinderrechten.

Das Koch-Kollektiv aus Liechtenstein unter der Leitung von Sascha Schlegel kümmerte sich darum, dass die Teilnehmer nicht hungrig blieben. Helmut Eiter und seine Frau hatten dafür gesorgt, dass diese vegane Feldküche nach Feldkirch kam. Unterstützt wurde das Koch-Kollektiv von jungen Flüchtlingen aus dem Haus Batschuns. Zudem hatten tschetschenische Frauen leckere Kuchen gebacken. Humoristisch aufgelockert wurde die Veranstaltung durch „Frau Heimpl“ alias Elke Maria Riedmann, musikalisch bereichert durch den Chor „Los Uklala“, geleitet von Martin Lindenthal. Mit Musik der Formation „Niko“ klang der Abend aus.

Susanne Winder

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