Die ganz andere Karwoche vom 5. – 12.4.2020

Die Corona-Maßnahmen zwangen auch uns, die Karwoche ganz anders als sonst zu begehen. Da das Haus der Gemeinschaft nur von der Leiterin und deren Stellvertreterin bewohnt wird, hieß das, zu zweit diese besonderen Tage zu begehen. Und so wurden die täglichen Bibelbetrachtungen und Feiern zu sehr persönlichen und damit berührenden Gottesdiensten.

Im Zentrum stand die jeweilige Evangeliumsstelle bzw. ein Psalm, wo wir den Text mit unserem je persönlichen oder auch dem Leben anderer in Verbindung brachten. Mit einem Ausschnitt aus einer Bach-Passion ließen wir den Inhalt nachklingen. Einen sichtbaren Ausdruck fand das Gespräch in einem Symbol, das wir im Anschluss daran suchten. So entstand ein sehr persönlicher Weg durch die Karwoche.

Palmsonntag: „Als Jesus in Jerusalem einzog, erbebte die ganze Stadt…“ (Mt 21,10)


Palmzweig: Wir verehren Jesus, der aus Liebe zu uns diesen Weg gegangen ist.

Die Menschen spürten, dass hier etwas Besonderes, etwas Provokatives, etwas Gefährliches passierte. Und die Erde wird wieder erbeben, wenn der hier Bejubelte am Kreuz stirbt. Welche Spannung liegt da in der Luft! Wovor erbebe ich innerlich, was erschüttert mich?


Montag in der Karwoche:
„Meine Kraft ist ermattet (…) – Euer Herz sei stark und unverzagt“ (Ps 31,11.25)


Flügellahmer Vogel: Alles liegt derzeit darnieder: die Flieger am Boden, die Wirtschaft, der Handel, die eigene Energie: Corona lähmt uns alle.

Stein: Zeichen der Stärke und Festigkeit. Das Weiß im Stein trägt Hoffnung in sich.
Leiden, vertrauen, bitten, klagen, wieder vertrauen, Hilfe erfahren – das ganze Leben hat im Ps 31 Platz.

Dienstag in der Karwoche: „Vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat“ (Ps 103,2)


Nest mit Amethyst: Das Wertvolle ist umfangen, ummantelt von Seiner Güte.

Wohlriechende Salbe: All das Gute, das er an mir getan hat, gleicht einer Salbung mit Balsam. Sein Duft breitet sich aus.

Gott weiß, was wir für schwache Gebilde sind – und gerade darum umhüllt er uns mit seinem Erbarmen. Wir sind dankbar für alles, was er uns Gutes getan hat.

Mittwoch in der Karwoche: „Mein Gott, ich rufe, doch du gibst keine Antwort“ (Ps 22,3)


Schwach aufkeimende Saat: fast im „Staub des Todes“ (V 16), doch mit Wasser wird sie aufleben.

Herz: „Mein Herz ist in meinem Leib wie Wachs zerflossen (…) – Aufleben soll euer Herz für immer“ (Ps 22,15.27)

Gründonnerstag: „Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich gehandelt habe.“ (Joh 13,15)

    

Erstaunliche Erkenntnis: Brot und Wein kommen im Evangelium nicht vor. Dafür ganz ausführlich wie Jesus den Jüngern die Füße wäscht. Er wendet sich jedem einzelnen zu, berührt ihn, lässt jeden seine Zärtlichkeit spüren, kniet vor jedem nieder und steht gleichzeitig dazu, dass er der Meister ist. Was für eine Hierarchie lebt uns Jesus da vor?

Karfreitag


Angst, Schmach, Schmerz, Ungerechtigkeit, Folter, Ausweglosigkeit, Tod – all das kulminiert sich in den letzten Stunden im Leben Jesu. All das erleben bis heute unzählige Menschen. Wir bitten für sie und geben sie ans Kreuz Jesu.

Karsamstag:
„Wegen des Rüsttags der Juden und weil das Grab in der Nähe lag, setzten sie Jesus dort bei.“ (Joh 19,42)


Unruhige Ruhe, nicht wissen wie es weiter geht, latente Angst – so wird es den Jüngerinnen und Jüngern gegangen sein, so erleben wir den Shutdown der Corona-Krise.

Osternacht: „Fürchtet euch nicht! … Er ist auferstanden.“ (Mt 28,5-6)


Die Osternacht – Feier des Lebens, des Sieges vom Licht über die Dunkelheit.

Exemplarisch für die vielen Lesungen haben wir Exodus 15 meditiert: Gott schafft einen Ausweg wo alles in höchster Bedrängnis und hoffnungslos scheint, dort wo Verderben droht, führt er zu Leben.

Und im Evangelium: Dort wo Tod zu sein scheint, spricht der Engel von Auferstehung. Es ist nicht alles aus! Das Leben geht weiter, ganz anders zwar, aber es geht gut weiter.

Ostersonntag: „Jesus sagte zu ihr: Maria!“ (Joh 20,16)


Seine Auferstehung gilt mir persönlich, Sein neues Leben lässt mich weiterleben.

Mit dem „Halleluja“ und der Arie „Ich weiß dass mein Erlöser lebt“ von Georg Friedrich Händel gingen wir in den höchsten Feiertag. Wir sind dankbar für eine sehr intensiv erlebte Karwoche ohne Ablenkung, sehr persönlich und ganz nah am Bibelwort. Das war ein Geschenk in der Corona-Krise, das durchaus für andere Jahre auch etwas sein kann.

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